Unternehmen werben einander Mitarbeiter ab? Willkommen im 21. Jahrhundert

Der Wettbewerber um Köpfe wird schärfer – was geht, was nicht? - Die Gäste unserer Veranstaltung „Recruiting aktiv & digital“ hatten dazu spannende Fragen:

  • Kann ich Mitarbeiter eines anderen Unternehmens, das ich gut kenne, eigentlich ansprechen? Ein Unternehmen, das vielleicht um die Ecke sein Bürogebäude hat? Oder dessen Führungskräfte wir jährlich beim Erfahrungsaustausch, beim Kongress der Branche treffen?
  • Soll ich Mitarbeitereines anderen Unternehmens direkt ansprechen, auch telefonisch? Ist das erlaubt?

Das sind gute Fragen für die Praxis der Bewerberansprache, des Active Sourcing. Gehen wir ihnen nach.

Sich gegenseitig Mitarbeiter abluchsen – machen Sie mit bei der neuen Dimension des Wettbewerbs?

Es ist durchaus möglich, dass Sie sich entschließen, Mitarbeiter eines Unternehmens in regionaler Nähe anzusprechen. Der Arbeitsmarkt ist ein Markt und Marktteilnehmer, also Arbeitskräfte, können ihren Berufsort jederzeit frei wählen. Umgekehrt müssen Sie als Unternehmer, als Führungskraft auch damit rechnen, dass ein Unternehmen in Ihrer Nähe Ihre Mitarbeiter anspricht.

Meist kennen sich Unternehmen, die miteinander um Aufträge konkurrieren. Vermutlich kennen Sie Ihre zentralen Mitbewerber.

Wenn Sie Aktive Sourcing oder aktive Bewerberansprache betreiben, steht es Ihnen frei, Mitarbeiter anderer Unternehmen anzusprechen.

In jedem Fall sollten Sie abwägen, ob Sie damit vielleicht Ihre eigenen Interessen verletzen, falls Sie mit Mitbewerbern am Arbeitsmarkt auch kooperieren möchten. Wir erleben immer wieder, das Entscheider Abwerbungen persönlich nehmen.
Und dennoch: völlig zufrieden war der Mitarbeiter im alten Unternehmen wohl nicht. Statt Rachegedanken zu hegen, wenn ein Mitarbeiter Sie verlässt, empfehlen wir ein „Exit-Interview“, in dem man mit dem Mitarbeiter über die Gründe spricht: was hat ihm im Unternehmen gefehlt?

Gezieltes Ansprechen und Abluchsen - gibt es Grenzen?

Vorweg: wir sind keine Rechtsanwälte, aber wir können Ihnen einen Link empfehlen : Abwerben von Mitarbeitern .

Rechtsanwalt Feil schreibt dazu: „Voraussetzung für einen ersten, in der Regel telefonischen Kontakt ist, dass die betroffene Fachkraft lediglich nach ihrem Interesse an einer neuen Stelle befragt wird. Dann darf die Stelle nur kurz beschrieben werden, die vakant ist, und es darf kurz eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Unternehmens besprochen werden“.

Herr Feil beschreibt auch, wann eine Abwerbung wettbewerbswidrig ist – „Wenn eine Abwerbung einer Fachkraft den Zweck hat, die Leistungsfähigkeit eines Mitbewerbers zu schwächen oder an Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu kommen…“.

Wenn Sie also einfach nur Mitarbeiter suchen und den Kontakt herstellen wollen, so können Sie das tun.

Raue Zeiten. Was ist jetzt dran? - Unsere Praxistipps zur Mitarbeiterbindung

Abwerben können Sie nur Mitarbeiter, die „anfällig“ sind für ein Wechselangebot.


Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich wohlfühlen, für die die Situation „stimmt“, fühlen sich vielleicht geschmeichelt, wenn sie ein anderes Unternehmen anspricht. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sie sich leicht beeinflussen lassen.

Wie also binden Sie Mitarbeiter auch über viele Jahre? Hier die Praxistipps.

  • Achten Sie die Bedürfnisse des Mitarbeiters. Ist er sehr ehrgeizig und wünscht sich herausfordernde Aufgaben?
    Sorgt sie für Beständigkeit und möchte auch mit dieser Stärke eingesetzt werden? Hat sie als Führungskraft einen sehr guten Überblick über Trends und Entwicklungen?
    Sorgen Sie für passende Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten, nicht nur für Aufgaben.
  • Begleiten Sie einen Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin durch verschiedene Lebensphasen.
    Natürlich ist es erst einmal „gefühlt“ ein Verlust, wenn beispielsweise ein junger Vater für einige Monate in Elternzeit geht. Wenn Sie diese Phase aber gut begleiten, gewinnen Sie oft ein großes Stück Loyalität vom Mitarbeiter.
    Dann stimmt Geben und Nehmen.
  • Echte Wertschätzung und Resonanz als Person ist, das ergeben Studien immer und immer wieder, allen Mitarbeitern wichtig (das gilt übrigens ganz besonders für Ihre Führungskräfte!).
  • Also: geben Sie ein persönliches Feedback, wenn etwas gut gelungen ist, und seien Sie ehrlich (nicht aber verletzend), wenn Sie eine kritische Rückmeldung haben. Sagen Sie dem Mitarbeiter bei kritischem Feedback immer auch, was Sie genau an alternativem Verhalten erwarten. Dann bleibt keiner auf einem negativen Gefühl sitzen (Sie auch nicht!).
  • „Abwanderung“ und Jobwechsel werfen oft ihre Schatten voraus; der Mitarbeiter verhält sich oft anders als bisher. Manche Chefs überwachen dann prompt den E-Mail-Verkehr (Sie natürlich nicht!).
    Unsere Empfehlung: gehen Sie auch dann mit dem Mitarbeiter in ein Gespräch. Äußern Sie keinen „Verdacht“ oder gar Vorwürfe, sondern fragen Sie, wie es gerade bei ihm, bei ihr läuft. Wenn Ihre Arbeitsbeziehung noch stimmt, haben Sie gute Chancen auf eine Antwort. Und dann können Sie handeln.
  • Bleiben Sie mit einem guten Mitarbeiter, der Sie verlassen hat, in Kontakt. Machen Sie ihm früher oder später ein neues, für ihn (!) atttraktives Angebot.